… sangen Simon & Garfunkel vor ein paar Jahrzehnten. Und tatsächlich: Die Dunkelheit, die so viele von uns fürchten, ist für unseren Körper und unsere Seele ein wichtiger Freund. Ein Plädoyer für weniger Licht in unserem Leben

Es gibt extrem viele gute Gründe, in den Südwesten Irlands zu fahren. Die hunderte Sorten von Grün, der atlantische Wind, Landschaft Leute, das entschleunigte Leben… Seit 2014 gibt es noch einen Grund mehr. Und der hat nicht mit dem zu tun, was man sieht. Sondern damit, was man nicht sieht. Vor sechs Jahren nämlich wurde ein Teil der Halbinsel Iveragh im County Kerry zum Dark Sky Reserve erklärt. Neun dieser Reserves gibt es weltweit, zwei davon in Brandenburg und Bayern, und das sind, so seltsam das vielleicht klingen mag, Gegenden, in denen die Dunkelheit unter besonderem Schutz steht.

Das wirft mindestens zwei Fragen auf. Die erste: wovor? Und die zweite: warum?

Okay, Frage eins: vor Lichtverschmutzung. Wer sich Satellitenbilder der Welt bei Nacht anschaut, stellt fest: die Erde leuchtet. In Europa, großen Teilen Nordamerikas und in asiatischen Ballungsräumen ist die Finsternis quasi verschwunden. Das ist ein Phänomen des zivilisatorischen Fortschritts, ein Knopfdruck reicht, zack: es wird hell. Und damit tricksen wir gleichzeitig die sehr menschliche Urangst vor der Finsternis aus. Was keine gute Idee ist. Dazu später mehr.

Bleibt die Frage nach dem Warum. Die Argumentation der Erfinder der Dark Sky Reserves geht ungefähr so: Auch der Nachthimmel ist Natur, die geschützt werden muss. Und dafür soll es auch so etwas wie Naturschutzgebiete geben, in denen man die Sterne genau so beobachten kann, wie die Natur sich das mal gedacht hat. Bis zu 25.000 Himmelskörper kann man in klaren Nächten in diesen Sternenparks sehen. In Städten mit ihrer intensiven Beleuchtung sind es gerade mal ein paar Hundert.

Und das ist gar nicht gut. Wir brauchen Licht zum Leben und Gedeihen, aber ihre kleine Schwester Dunkelheit nicht weniger. Die reinigt unsere Seele, sie reduziert Impulse, die unser Hirn bombardieren. Und sie sorgt, so rein wissenschaftlich, dafür, dass unsere Zirbeldrüse ordentlich funktioniert. Die sieht aus wie ein kleiner Tannenzapfen, sitzt im Mittelhirn und ist, wir zitieren den französischen Philosophen René Decartes, „der Sitz der Seele“. Rein medizinisch wandelt sie das Glücks- und Wachhormon Serotonin, das tagsüber durch Licht produziert wird, bei Dunkelheit in Melatonin um – das hormonelle Yang zum Ying sozusagen, das dafür sorgt, dass wir zur Ruhe kommen und uns so richtig tiefenentspannt erholen können. Ein ziemlich wichtiger Prozess, der durch Licht empfindlich gestört wird, und das kommt auch von Handys neben dem Bett, LEDs an Ladegeräten und Straßenlaternen, die durch einen Spalt im Vorhang ins Schlafzimmer leuchten.

Aber Dunkelheit ist nicht nur für den Schlaf was ziemlich Gutes. Wer in Kerry, nur mal so zum Beispiel am spektakulären Derrynane Beach, in einer klaren mondlosen Nacht einen langen, ungetrübten Blick auf die Milchstraße geworfen hat, weiß ziemlich genau, das Finsternis auch Glück sein kann.